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Wie ich animieren lerne

Vielleicht hab ich alles Instagram zu verdanken. Denn wenn der Algorithmus nicht angefangen hätte, Videos zu bevorzugen, hätten bewegte Bilder mich gar nicht interessiert. Mit meinen Standbildern war ich eigentlich ganz glücklich. Doch dann habe ich immer mehr Schriftanimationen gesehen – und schließlich wollte ich das auch können.

Von der Illustratorin zur Motion Designerin

Seit vier Jahren experimentiere ich mit unterschiedlichen Arten, Schrift in Bewegung zu bringen. Begonnen habe ich 2019 mit Stop-Motion-Animationen und im Januar 2023 war ein vierwöchiger AfterEffects-Kurs der vorläufige Höhepunkt dieser Erkundung.

Mit dem Kurs im Januar öffnete ich die Tür zu dem riesigen Bereich, der sich Motion Design nennt. Das Terrain, das ich dort sah, schien mir so unüberschaubar, dass ich die Tür beinahe einfach wieder zugeschlagen hätte, um als Lettering-Designerin bei meinen Leisten zu bleiben.

Doch stattdessen übe ich nun beharrlich, damit mir die Techniken und Herangehensweisen der Animation mit der Zeit geläufiger werden. Einerseits der Umgang mit unterschiedlicher Software, andererseits das Denken in bewegten Bildern. Wie ich das umsetzen kann, was mir vorschwebt, ist mir weiterhin häufig unklar.

Bewegung denken lernen

Es genügt eben nicht, die Software zu beherrschen. Das habe ich inzwischen eingesehen. Und deswegen lerne ich nun auch, wie die Darstellung von Bewegung funktioniert.

Wäre mir klar gewesen, dass Physik dabei eine große Rolle spielt, hätte ich vielleicht meine Finger davon gelassen. Ich hab nämlich in der 8. Klasse aufgehört, im Unterricht zuzuhören, weil ich damals überzeugt war, dass ich Grundkenntnisse der physikalischen Gesetze nie im Leben brauchen würde …

In Bewegungen und zeitlichen Verläufen zu denken, war ungewohnt für mich. In der Animation gibt es immer ein vorher und ein nachher, ein »erst ist es so« und ein »dann ist es so«. Bei statischen Bildern muss ich mir keine Gedanken darüber machen, was der Ausgangspunkt ist, welche Veränderung eintritt und wie der Endpunkt aussieht. Doch Bewegung eröffnet eine neue Dimension an Möglichkeiten.

Animation lernen – Techniken, Software, Kurse

Ich bin noch mitten im Lernprozess und habe auch weiterhin keinen rechten Überblick. Deswegen kann ich kaum Empfehlungen abgeben, wie man sich der Animation am Besten nähert, wenn man von der Illustration kommt. Ich kann aber auflisten, wie ich vorgegangen bin und was mir geholfen hat.

»hello« animiertes Lettering-Gif von Chris Campe, All Things Letters, Hamburg

Techniken

Stop-Motion-Animation

2019 habe ich mit analoger Stop-Motion-Animation begonnen, also mit klassischem Trickfilm. Dutzende Zeichnungen auf Papier, die ich mit Stop Motion Studio abfotografiert habe. Die App macht aus den vielen Einzelbildern eine mehr oder weniger ruckelige Animation.

Frame-by-Frame Animation

Als nächstes habe ich mir ein iPad gekauft und damit wurde das Animieren leichter. Im Grunde mache ich in den Zeichenapps auf dem iPad das gleich wie vorher auf Papier: Ich zeichne viele einzelne, leicht versetzte Bilder. Das Programm blendet sie dann schnell hintereinander ein und so entsteht der Eindruck von Bewegung.

Software

Procreate und Adobe Fresco

Anfangs habe ich meine Frame-by-Frame-Animationen in Procreate gezeichnet. Doch heute nutze ich meistens Adobe Fresco, weil ich darin auch Vektorformen zeichnen kann, die sich beliebig skalieren lassen. In beiden Programmen ist Frame-by-Frame-Animation leicht.

AfterEffects

Die AfterEffects-Fortbildung habe ich bei Cimdata gemacht, einem Anbieter von Weiterbildungen, die meist vom Arbeitsamt bezahlt werden. Ich hatte stattdessen eine Fortbildungsförderung der VGBildkunst.

Vier Wochen lang täglich von 8.30 bis 16.15 Uhr online-Unterricht in einer komplexen Software war hart, doch nun fühle ich mich halbwegs sicher in AfterEffects. Ich habe allerdings auch den Eindruck, dass das Programm für das was ich machen will, nicht unbedingt das richtige Werkzeug ist.

Weitere Software

Besser ist da vielleicht Adobe Animate. Das Programm steht jedenfalls ganz oben auf meiner Liste. Außerdem will ich Cavalry kennenlernen – eine App für 2D-Animation, von der es heißt, sie sei viel zugänglicher als AfterEffects.

»BÄM« rote Schrift, die sich bewegt, Lettering-GIF von Chris Campe

Onlinekurse

Skillshare

Die Basics von AfterEffects habe ich mit den Skillshare-Kursen von Megan Friesth und Jake Bartlett gelernt. Megan hat auch viele nützliche Tutorials auf ihrer Website.

Domestika

Bei Domestika gefallen mir die Kurse von Yukai Du am besten, sie sind ausführlich, gut nachvollziehbar und sehr schön anzusehen. Auch Rylsees Kurs über animierte Lettering-GIFs hat mir geholfen.

Motion Design School

Auch die Kurse der Motion Design School haben mir geholfen. Einige Lektionen stehen kostenlos zur Verfügung und über den Newsletter kommen regelmäßig Rabattangebote für Kurse, Skripte und Plugins für AfterEffects.

Animationen planen und skizzieren

Anfangs wusste ich nicht, wie ich Bewegungen skizzieren soll. Dann fand ich heraus, dass Storyboards dazu dienen. Darin die Schlüsselmomente einer Animation festzuhalten fühlt sich vertraut an, es ist ein bisschen wie einen Comic zu zeichnen.

Auf der Website der Storyboard-Software Boords habe ich viele allgemeine Tipps zu Storyboarding, Szenenübergänge und Kameraführung gefunden. Ich fühle mich nicht professionell genug, um für die Dienste von Boords zu zahlen, aber der Blog ist sehr anschaulich.

Animierte Lettering-GIFs für GIPHY

Mein erstes animiertes GIF habe ich im Herbst 2020 gezeichnet, als ich coronakrank zu Hause saß: »OH NO«.

Seitdem veröffentliche ich GIFs in meinem Giphy-Account und habe ein Faible für weiße Lettering-GIFs entwickelt. Meine GIFs sind auf Giphy und in der GIF-Suche auf Instagram unter »allthingsletters« zu finden und können überall hinkopiert und verwendet werden.

Viele meiner GIFs haben Millionen von Views. Davon habe ich zwar nichts, weil die Verwendung kostenlos ist und niemand mitbekommt, dass die GIFs von mir sind, aber sie kommen gut an – immerhin!

Giphy-Statistik der animierten Gifs von Chris Campe

Animieren lernen mit Geduld

Mich im Bereich Animation zurechtzufinden, dauert länger als ich erwartet habe. Und die Art von gezeichneter Lettering-Animation, die mir vorschwebt, ist so aufwändig, dass nicht oft genug Zeit dafür finde.

Doch in Momenten, in denen ich deswegen die Ohren hängen lasse, denke ich an meine Anfänge im Lettering vor über zehn Jahren. Auch damals habe ich jahrelang planlos irgendwas gemacht. Und es hat lange gedauert, bis sich mein Wissen über Schrift und meine Fähigkeiten, Schrift zu gestalten so ergänzt haben, dass ich wusste, was ich tue.

Ich übe mich also in Animation – und in Geduld.

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