Newsletter schreiben – lohnt sich das?
Nach einem Jahr mit monatlichem Newsletter ziehe ich Bilanz: Was sind die Vor- und Nachteile eines regelmäßigen Newsletters? Wie ist die Resonanz? Und vor allem: Lohnt sich der Aufwand?
Früher war mein Newsletter für mich eine Quelle steter Qual. Newsletter habe ich nur geschrieben, wenn ich wirklich etwas Wichtiges anzukündigen hatte – ein neues Buch oder einen Workshop. Denn: Eine Mail mit plumper Eigenwerbung an ein paar hundert Leute schicken? Wie stressig!
Dabei schreibe ich eigentlich gerne. Und weil ich wollte, dass mir das Newsletterschreiben leichter von der Hand geht, beschloss ich Anfang 2022, meinen Newsletter nicht mehr nur alle Jubeljahre zu verschicken, sondern monatlich.
Wer liest denn noch Newsletter?
E-Mail-Marketing wird Selbstständigen empfohlen, denn während die sozialen Medien unberechenbar sind, ist auf die gute alte E-Mail Verlass. Ist sie erstmal bei jemandem »zu Hause« in der Mailbox, wird sie – wenn auch nicht immer gelesen – so doch zumindest wahrgenommen. Mit der Zeit und guten Inhalten lässt sich so Vertrauen aufbauen und aus Leser*innen werden Kund*innen.
Soweit die Idee des E-Mail-Marketings. Diesen Empfehlungen folge ich jedoch nicht. Ich gehe selten strategisch vor und dass ich überhaupt einen Mailverteiler habe, hat sich einfach so ergeben.
Durch Zufall zum Newsletter
Ursprünglich war mein Verteiler eine Liste von Workshop-Interessent*innen, die über die Jahre immer länger wurde. Für eine Buchankündigung habe ich eines Tages auch die Mailadressen von Freund*innen und Kund*innen in den Verteiler aufgenommen – vor der Datenschutzgrundverordnung war sowas ja noch okay-ish.
Heute bewerbe ich meinen Newsletter vor jedem Versand auf Instagram und gewinne so jedes Mal 10 bis 20 neue Abonnent*innen hinzu. Trotzdem ist der Verteiler kaum gewachsen, seitdem ich regelmäßig Newsletter schreibe, denn ich lösche die Adressen von Karteileichen und nach jeder Mail melden sich einige Abonnent*innen ab.
Antwortmails als gutes Zeichen
Dass die meisten meine Mails aber gerne lesen, weiß ich, weil ich Antworten bekomme. Obwohl der Newsletter offensichtlich keine individuelle E-Mail ist, antworten einige Leser*innen, als hätte ich ihnen persönlich geschrieben. Für mich ist das das schönste Kompliment. Die Verbindung, die so entsteht, motiviert mich weiterzuschreiben, jede Antwortmail zählt mehr als tausend Likes.
Eine Mail an über tausend Menschen zu schicken ist trotzdem aufregend. Zum Glück habe ich nicht immer präsent, wer alles im Verteiler ist.
Meine Gründe für einen regelmäßigen Newsletter
Für die Entscheidung meinen Newsletter regelmäßig zu schreiben, hatte ich mehrere Gründe. Die meisten davon entsprechen nicht der typischen Motivation für E-Mail-Marketing – zum Beispiel Kund*innenbindung und Umsatzsteigerung – sondern sie sind eher persönlich.
➨ Mehr Leichtigkeit beim Schreiben Einen Newsletter zu schreiben war für mich jedes Mal so ein großer Angang, dass zwischen zwei Mails manchmal ein ganzes Jahr verging. Ich wollte, dass diese Aufgabe leichter wird, und zwar durch Übung.
➜ Langlebigere Texte Jahrelang waren meine Instagram-Captions so lang wie Blogposts. Doch Anfang 2022 wollte ich weniger Zeit und Energie in Instagram investieren und meine Texte nachhaltiger veröffentlichen. Jetzt schreibe ich vor allem für den Newsletter, meinen Blog und meine Website.
Den Blog habe ich im Frühjahr 2022 begonnen, 15 Jahre nach allen anderen, aber mit einer ähnlichen Motivation: um einen Ort zu haben, an dem ich über all das schreiben kann, was mich beschäftigt und interessiert.
➨ Eine aktuelle Website Meine Website zu pflegen war für mich genauso eine Plage wie das Newsletterschreiben. Wenn ich mich endlich dazu aufgerafft hatte, habe ich viel Zeit verloren, weil ich nicht mehr wusste, wie das WordPress funktioniert.
Auch das hat sich durch den regelmäßigen Newsletter verändert. Die Mails verweisen auf meine Website, deshalb muss ich die Inhalte dort ständig aktualisieren. Neue Inhalte auf die Seite zu stellen ist nun schneller gemacht, denn ich muss nicht mehr jedes Mal überlegen, wie das noch mal ging.
➽ Selbstreflexion Für den Newsletter fasse ich Gedanken über mich und meine Arbeit in Worte. Eine Sehnsucht nach mehr – noch mehr! – Selbstreflektion war zwar nicht unbedingt einer der Gründe für den regelmäßigen Newsletter. Aber ich stellte schnell fest, dass es zu meiner eigenen Klarheit beiträgt, wenn ich überlege, wie ich Dinge so thematisieren kann, dass sie auch für andere interessant sind. Wie soll ich auch wissen, was ich denke, bevor ich lese, was ich schreibe.
➤ Selbstdarstellung, im positiven Sinne Eine weitere Motivation dafür, meinen Newsletter monatlich zu versenden: Ich wollte mich zu erkennen geben. Mit dem, was ich schreibe, möchte ich Zugänge ermöglichen. Die, die mich beauftragen und die, die an meinen Workshops teilnehmen, sollen zu mir kommen, weil sie mögen, wie ich an das Thema Lettering herangehe und wie ich in der Welt bin.

Arbeitsablauf beim Newsletterschreiben
Im Laufe der Monate hat sich in meinem Newsletter eine Struktur herausgebildet. Die Mails bestehen nun aus einer Art Anschreiben, mehreren Themenblöcken und wiederkehrenden Rubriken wie einem Buchtipp und einem PS.
Für das Schreiben habe ich einen Arbeitsablauf entwickelt.
➦ Ideen Ich sammele nebenbei Themenideen und notiere sie in einer Jahresübersicht.
➸ Rohfassung Wenn ich einen neuen Newsletter beginne, lege ich als Erstes die Themenblöcke an und schreibe eine Rohfassung im Mailprogramm. Dabei sehe ich, was noch fehlt.
➤ Überarbeitung Am nächsten Tag überarbeite ich den Rohtext und füge Bilder und Verlinkungen ein.
➽ Korrektur Meine Freundin und Kollegin Elke Hanisch liest den Newsletter Korrektur und ich arbeite ihre Vorschläge ein. Die Absprachen mit ihr helfen mir, rechtzeitig fertig zu werden.
Elke weist mich auch darauf hin, wenn ein Satz mal nicht genug nach mir klingt. Doch durch das regelmäßige Schreiben fällt es mir immer leichter, den richtigen Ton zu treffen – locker, nahbar und unterhaltsam.
➨ Versand Ich versende die deutsche Version des Newsletters meistens am Dienstag- oder Donnerstagnachmittag.
➜ Übersetzung Für den englischen Newsletter übersetze ich die Texte mit DeepL und korrigiere die Sprache noch etwas.
Deutsch, Englisch, Sie oder du?
Anfangs habe ich meine Mailingliste nach Sie- und Du-Ansprache aufgeteilt und mehrere Versionen jeder Mail verschickt. Weil das zu aufwändig war, habe ich mich schließlich für ein »Newsletter-du« entschieden, auch für Menschen, die ich außerhalb des Newsletters sieze. Jetzt versende ich nur noch eine deutsche und eine englische Version meines Newsletters.
Auf Deutsch bin ich mit den Leser*innen per du, obwohl ich hier auf der Website sieze. Ich stelle mir vor: Auf meiner Website kennen wir uns ja noch nicht, aber wenn jemand meinen Newsletter abonniert und mich in ihre Mailbox einlädt, ist das »du« in Ordnung.
Was ein regelmäßiger Newsletter kostet
Durch die Regelmäßigkeit fällt es mir zwar leichter, meinen Newsletter zu schreiben, doch der monatliche Rhythmus hat auch einige Nachteile und Kosten.
Zeit
Für jeden Newsletter brauche ich zwei bis drei Tage, meistens nicht am Stück, sondern über eine Woche verteilt. Wenn die Mail auf neue Blogposts oder Portfolio-Beiträge verweist, dauert es wesentlich länger. Auf jeden Fall wird es einen Tag vor dem Versand jedes Mal eng und stressig.
2022 hat mich das Newsletterschreiben also alle drei Wochen für eine Woche fast völlig in Beschlag genommen. Ich weiß noch nicht, ob das auf Dauer machbar ist.
Geld
Ein Newsletter kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Allein die Marketingplattform für einen Verteiler von 1500 Abonnent*innen kostet rund 300 Euro im Jahr. Das zwingt quasi dazu, die Inhalte zu kommerzialisieren und zumindest ab und zu Produkte anzubieten. Sonst lohnt sich der Aufwand kaum, jedenfalls kaum finanziell.
Schreibenergie
Meine Energie zum Schreiben ist begrenzt. Nach den ersten zwei bis drei Stunden des Tages ist meistens Schluss. Wenn ich dieses Zeitfenster für Newsletter und Blogposts verwende, schaffe ich es nicht, parallel an einem Buch zu arbeiten. Auch deshalb habe ich letztes Jahr kein Buch veröffentlicht, sondern »nur« meinen Newsletter, einige Blogposts und mehrere Vorträge.
Newsletter schreiben – bringt das was ein?
Inzwischen ist ein Jahr um und ich habe jeden Monat einen Newsletter verschickt. Das Schreiben geht mir nicht nur viel leichter von der Hand, die regelmäßige Arbeit am Newsletter hat auch andere Vorteile – und ein paar Nachteile.
Ob durch den Newsletter auch neue Aufträge zustande kommen? Schwer zu sagen. Denn nicht immer lässt sich nachvollziehen, auf welchen Wegen Auftraggeber*innen bei mir landen.
Doch in Kombination mit dem Blog vermittelt der Newsletter potentiellen Auftraggeber*innen und Workshopteilnehmer*innen eine Idee davon, wie ich arbeite und was mir wichtig ist. Das erleichtert ihnen die Entscheidung, mit mir zu arbeiten – oder auch nicht.
Unabhängig vom finanziellen Nutzen werde ich meinen Newsletter erstmal weiter monatlich schreiben, denn mich motivieren die persönlichen Vorteile, die das Schreiben für mich hat:
➽ das Nachdenken über meine Arbeit
➸ dass ich meine Website aktuell halte
➤ das schöne Feedback der Leser*innen
➦ die Verbindungen, die durch die Mails entstehen
Mein Newsletter-Archiv
Newsletter schreiben – lohnt sich das? Machen Sie sich selbst ein Bild und lesen Sie meine bisherigen Newsletter nach.
Bonus 2022
Rückschau und Vorschau
Dezember
Schmerzbefreite Weihnachten
Oktober
Reisebericht mit Selfies
September
Experimente und Lebensdauer
Juni
Pride und Portfolio
Mai
Aufräumen, archivieren, durchs Leben laufen
April
ABC und FAQ
März
Weitermachen
Februar
Warum Lettering?
Januar
Weiter! + Onlinekurs
Und falls Sie noch nicht im Verteiler sind, tragen Sie sich doch ein!
2022 war mein Newsletter sozusagen mein Hauptwerk. Weil ich so viel Zeit damit verbringe, möchte ich am liebsten, dass alle ihn lesen.