
Tanzsport in Briefmarkenform
Alle paar Monate bekomme ich Post vom Finanzministerium und dann ist die Freude groß. Denn das Bundesministerium der Finanzen lädt regelmäßig Künstler*innen zu Gestaltungswettbewerben für neue Briefmarken ein.
An jedem Wettbewerb nehmen sieben oder acht Designer*innen teil, jede*r kann bis zu drei Entwürfe einsenden. Eine Jury begutachtet die Einsendungen und drei Entwürfe werden mit einem Preisgeld prämiert.
Bisher habe ich an fünf Wettbewerben teilgenommen und dreimal den zweiten Platz gemacht. Kein schlechter Schnitt, finde ich. Bloß schade, dass nur das erstplatzierte Design tatsächlich als Briefmarke veröffentlicht wird. Die Entwürfe, die Sie auf dieser Seite sehen, werden also leider nicht Ihre Briefe zieren.
Den Gestaltungswettbewerb zum »100 Jahre Deutscher Tanzsportverband« hat übrigens Katrin Stangl gewonnen. Die Briefmarke ist am 2. Novemer 2021 erschienen. Wenn Sie wissen möchten, wie sie aussieht, sehen Sie sie sich auf der Seite des Finanzministeriums an.
Projekt
Entwürfe für eine 80-Cent-Briefmarke
Thema »100 Jahre Deutscher Tanzsportverband«
unveröffentlicht
Format
44,20 x 26,20 mm und 33 x 39 mm
Jahr
2020
Kunde
Bundesministerium der Finanzen

Entwurf 1: Tanzende Buchstaben
Im Deutschen Tanzsportverband sind Tänzerinnen und Tänzer ganz unterschiedlicher Tänze organisiert. Für den Entwurf oben habe ich die Namen der bekanntesten Tänze so gezeichnet, dass die Form der Buchstaben den Charakter des jeweiligen Tanzes ausdrückt.
Die Buchstaben tanzen auf geschwungenen Grundlinien, so bunt wie die Kleider der Turniertänzerinnen. Die expressiven Formen der Schrift auf dem kleinsten Raum einer Briefmarke Emotion und Lebensfreude – wie der Tanzsport.
Sicher haben Sie gleich erkannt, dass all diese Ideen schon in der ersten Skizze enthalten sind, die ich wenige Zentimeter groß mit Buntstiften gezeichnet habe.
Schritt 1
Ich beginne auf Transparentpapier und entwickle den Entwurf in mehreren Schritten. Weil es beim Arbeiten auf Papier kein Apfel+Z gibt, bin ich gezwungen, mit dem umzugehen, was ich aufs Papier bringe. Das ist manchmal lästig, aber oft produktiv.
Schritt 1 ist in ein paar Minuten hingeworfen und macht nicht besonders viel her. Ich lege vor allem die unterschiedlichen Schriftgrößen und die Raumaufteilung fest.


Schritt 2
Im zweiten Schritt konkretisiere ich die Formen und Strichstärken.
Schritt 3
Die wesentlichen gestalterischen Entscheidungen habe ich getroffen, der Strich ist klarer.
Die Reinzeichnung und Farbgebung mache ich digital auf dem iPad, weil das doch etwas flexibler ist als der Nahkampf mit dem Papier. Schneller ist es übrigens nicht unbedingt, weil dabei immer die Gefahr besteht, auf 1000% heranzuzoomen und sich in Details zu verlieren.


Die Ideen entwickeln sich bei der Umsetzung – zuerst springen die Buchstaben beim Jive …

… dann schütteln sie sich.

Entwurf 2: Mit Schwung
Bei meiner Recherche zum Thema Tanzsport habe ich erfahren: Die meisten Standardtänze sind Schwungtänze. Ist eine verbundene Schreibschrift mit Schnörkeln nicht die grafische Entsprechung eines Schwungtanzes?
Also habe ich das Thema der Briefmarke in einer verbundenen Schreibschrift gezeichnet und mit vielen Zierschwüngen zu einer dekorativen Gesamtkomposition ausgearbeitet. Von den Anfangs- und Endbuchstaben und den Ober- und Unterlängen der Kleinbuchstaben gehen Schwünge aus und umfließen die Zeilen, hellere Zierlinien rahmen den Text.
Die schmalen, etwas eckigen Formen der Schreibschrift und die kühle, monochrome Farbgebung in zwei Blautönen bilden ein Gegengewicht zur dynamischen Komposition und betonen den sportlichen Aspekt des Tanzens.

Mit Skelettlinien entwickele ich die Komposition.

Mit einer Bleistiftschraffur ergänze ich die Strichstärke.

Die Reinzeichnung mache ich mit Fineliner.

Detail der Bleistiftschraffur

Detail der Reinzeichnung
