Pride. Ich hab’s nie verstanden. Ich bin nicht stolz darauf, queer zu sein. Genauso wenig wie ich nicht stolz darauf bin, weiß zu sein oder deutsch. Warum sollte ich auf etwas stolz sein, das ich mir nicht ausgesucht habe?
Aber langsam leuchtet es mir ein: queerer Stolz ist eine Reaktion auf Beschämung. Und vielleicht ist das der Grund, warum ich diese Pride-Rhetorik nicht mag – ich will nicht wahrhaben, dass auch ich beschämt werde.
Ich werde beschämt, obwohl die Leute meinen Körper relativ leicht als weiblich identifizieren, und ich bin weiß und blond und mein Name klingt deutsch – ich störe nicht allzu sehr. Manche Leute sprechen mich als Mann an, weil kurze Haare und schwarze Kleidung für sie Männlichkeit signalisieren. Meistens ist mir sowas egal. Aber mich darum nicht zu kümmern, kostet auch Kraft. Genauso wie der Umgang mit all den Alltagsaggressionen: »Uhhh, kann ich mitmachen?!«, ruft ein 13-Jähriger, der mit einem E-Scooter vorbei rauscht, als ich meine*n Partner*in auf dem Gehweg küsse.
Ich beschäme mich auch selbst. Meine Geschichte beginnt nicht mit »Seit ich ein kleines Kind war, wusste ich …«, also frage ich mich: »Vielleicht bin ich gar nicht wirklich queer. Vielleicht hab ich es mir ja doch ausgesucht.« Fußball fand ich immer doof, ich liebte Barbie, Basteln und Backen. »Wenn ich nicht von Anfang an queer war, dann muss mir doch etwas passiert sein, sonst wäre ich doch normal!« Niemand sagt so etwas mehr, aber diese Art von Homophobie ist immer noch präsent, unausgesprochen, in mir.
Meine verinnerlichte Homophobie schlägt oft in Paranoia um: »Ist diese Person nur unhöflich zu mir – oder ist sie homophob?« Auf der Straße lasse ich die Hand meiner Partner*in los, wenn wir an Gruppen von Männern vorbeigehen, ich vermeide Blickkontakt und ignoriere das Starren, das immer noch kommt, selbst in einer Großstadt, in Deutschland, im Jahr 2022.
Heute gibt es Pride Month und Pride Parades und Regenbögen überall. Der Kapitalismus hat Queerness so cool gemacht, dass Unternehmen es sich nicht leisten können, die Rechte queerer Menschen nicht zu unterstützen.
Aber Marketingtricks wie der Pride Month nehmen den Symbolen die politische Kraft und blenden das Ereignis aus, an das die Paraden erinnern: Im Juni 1969 wehrten sich im Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street queere People of Color gegen eine Polizei, die regelmäßig Razzien in ihren Bars durchführte. Stonewall war ein Aufstand.
Es ging nicht darum, bunt und verrückt zu sein oder sein Geld für Produkte von Unternehmen auszugeben, die einen Regenbogen in ihrem Logo führen. Es geht darum, den Platz von queeren Menschen in der Öffentlichkeit zu verteidigen, mit Stolz als Strategie der Selbstbehauptung gegen Beschämung.
Mehr Blog
Doch wirklich,
Sie sollten meinen Newsletter abonnieren.
Sie haben schon viel zu viele Newsletter abonniert, ich weiß. Aber mein Newsletter ist echt toll! Jedenfalls steht das in den spontanen Antwort-Mails, die ich jedes Mal bekomme.
Wenn Sie also zu den Ersten gehören wollen, die erfahren, woran ich arbeite, welche Veranstaltungen ich organisiere und welche Bücher ich empfehle,
Mehr Blog
Kontakt
0176-28903746
Doch wirklich,
Sie sollten meinen Newsletter abonnieren.
Sie haben schon viel zu viele Newsletter abonniert, ich weiß. Aber mein Newsletter ist echt toll! Jedenfalls steht das in den spontanen Antwort-Mails, die ich jedes Mal bekomme.
Wenn Sie also zu den Ersten gehören wollen, die erfahren, woran ich arbeite, welche Veranstaltungen ich organisiere und welche Bücher ich empfehle,